Der Mainzer Sand
Zeuge einer Mainzer Zeit unter dem Meer
Der Mainzer Sand zählt zu den bedeutendsten Naturschutzgebieten in Europa. Er besitzt eine einzigartige Pflanzenwelt – ein Relikt der nacheiszeitlichen Steppenlandschaften.
Als das Mainzer Becken vor 23 Millionen Jahren eine riesige Meeresbucht war, wuchsen in der Gegend so genannte Kalkalgenriffe. Sie bilden einen Teil des Untergrunds des „Großen Mainzer Sands“, der sich heute an den Lennebergwald am Rand von Mombach anschließt. Etwa 18 Millionen Jahre später ging das Meer zurück, der Ur-Rhein durchfloss die Landschaft, dessen Bett im Vergleich zu heute relativ wenig Wasser führte und weiter im Westen lag. An den Flussterrassen häuften sich Sande und Kiese an, die später als Flugsand vom Wind weitertransportiert wurden – so bildeten sich in der Eiszeit die Dünenfelder des Mainzer Sands. Stellenweise findet sich im Sand zudem Vulkanasche des Laacher-See-Ausbruchs in der Eifel, der 12.800 Jahre zurückliegt.
In diese tundraartige, baumfreie Binnendünen-Landschaft wuchsen bald Steppen- und Sandpflanzen aus den südrussischen Steppengebieten. Infolge von Klimaveränderungen kamen später submediterrane Arten aus dem Mittelmeerraum hinzu sowie einige atlantische Arten, die hier die Ostgrenze ihrer Verbreitung erreichen.
Jahrhundertelang änderte sich an der nacheiszeitlichen Reliktflora nur wenig, bis im 19. Jahrhundert die Industrialisierung einsetzte. Besiedlung, Bebauung und Bewirtschaftung beeinflussten diese einzigartige Gegend nachhaltig, im Laufe der Zeit nahmen die Arten in ihrer Zahl ab oder verschwanden ganz. Durch die früheren Flächenverlust und die Nährstoffeinträge ist das Gebiet heute schon akut gefährdet. Großen Einfluss hat die Autobahn A643, die das rund 130 Hektar große Naturschutzgebiet seit den sechziger Jahren durchschneidet. Dennoch hat sich die Vielfalt der Pflanzen und Tiere immer noch erhalten: Rechtlich schlägt sich die Bedeutung des Mainzer Sandes in verschiedenen Schutzstati der höchsten Kategorien nieder. Seit 1939 ist er auf nationaler Ebene als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Auf europäischer Ebene gehört er zum Natura 2000-Netzwerk, mit dem die europäische Staatengemeinschaft den Verlust der biologischen Artenvielfalt verhindern will.
Der Mainzer Sand ist also Teil des europäischen Naturerbes und als solches schützenswert – damit dieser einzigartige Lebensraum vor unserer Haustür nicht für immer verschwindet.